Projekt: Black & White

Arbeitstitel: Black & White
Genre: Fantasy / New Adult
Zielgruppe: für alle ab 14, die Abenteuer und ein bisschen Romance mögen
Disclaimer: es kommen Kampfszenen und angedeuteter expliziter Inhalt vor
Aktueller Stand: Kapitel 8 von 31
Leseprobe: Kapitel 1
Überall Blut. Leblose Körper in der zähflüssigen Flüssigkeit, die sich behäbig ausbreitete und den Boden bedeckte. Der Wind rauschte über die Lichtung, die als letzte Ruhestätte dieser freien Menschen herhalten sollte.
Ihre Muskeln waren bis aufs Äußerste angespannt, die Hände zitterten. Sie weinte nicht, zu selten hatte sie solche Gefühle zugelassen. Anders ihre Schwester. Über ihr Gesicht rann eine einzelne Träne, die auf ihr Oberteil tropfte.
Wie in Trance sah sie ein letztes Mal die leblosen Blicke ihrer Kameraden, die nie wieder lachen würden. Oder atmen. Sie hatten sie alleingelassen, in der irrsinnigen Annahme, sie wären in dem kleinen Waldstück in Sicherheit.
Die Soldaten packten sie an der Schulter, rissen das Schwert von ihrer Hüfte und legten ihr Handschellen an. Sobald sie mit dem Metall in Berührung kam, verschwanden ihre Wolfskräfte und hinterließen eine kalte Leere.
Neben den tauben Gefühlen schlich sich der Gedanke ein, dass es vorbei war. Sie waren tot. Wie eine eiserne, schwere Decke legte sich die Gewissheit auf sie, als sie von einem Soldaten vorwärts geschubst wurde. Wortlos, ohne Gegenwehr ließ sie sich abführen.
Vor dem kleinen Waldstück wartete er, kam ihnen mit einem breiten Lächeln entgegen. »Wen haben wir denn da? Hmm? Aurora und Timber, die noblen Befreierinnen der Sklaven. Wie schön, dass ihr uns beehrt.«
Aurora schwieg. Sie starrte ihn an, sah in das Gesicht des Mannes, der den Tod ihrer Kameraden befohlen hatte. Doch das war jetzt egal. Sie konnte nichts machen. Wollte nichts machen. Alles umsonst.
»Werft sie in den Wagen und bewacht sie. Wir fahren nach Pandemonium. Auf, auf.«
»Jawohl, Herr Generalmajor!«
Die Soldaten bugsierten Aurora an dem höhnisch grinsenden Mann vorbei. Vor den Planwagen waren zwei Pferde gespannt, die unruhig auf der Stelle tänzelten.
Sie stieg hinein und setzte sich auf die Bank, Timber ließ sich neben sie fallen. Die beiden Soldaten platzierten sich ihnen gegenüber, die Pistolen im Anschlag.
Der Wagen setzte sich in Bewegung, flankiert von einem halben Dutzend Soldaten auf Pferden. Nachdem sie eine Weile gefahren waren, räusperte sich Timber. Ihre Stimme klang verschnupft. »Sie … sie haben alle getötet, Auri.«
Aurora nickte und zwang sich, sie anzublicken. Ihr Ein und Alles. Sobald sich ihre Blicke trafen, bildeten sich neue Tränen in Timbers Augen, sie senkte den Kopf.
Aurora sah hinaus auf den Weg, der nach und nach aus ihrem Blickfeld verschwand. »Jetzt sind sie frei.«
»Das waren sie auch vorher!«
Timbers Ruf durchschnitt die Luft, aber Aurora zuckte mit den Achseln. »Es gibt immer einen, der Gewalt über dich hat. Nicht zuletzt wir beide, denn sie haben sich uns untergeordnet.«
Sie wusste, ihr monotoner, gleichgültiger Tonfall brachte ihre Schwester zur Weißglut. Aber was wäre die Alternative? Rumheulen? »Sie haben es freiwillig getan! Wir haben sie gerettet und sie sind bei uns geblieben.«
Einer der Soldaten mischte sich ein. »Gerettet? Ihr hattet nicht das Recht dazu. Sie waren Eigentum der Regierung und da-«
Aurora sprang auf und drückte dem Mann ihr Knie auf die Brust. Beinahe gab die Plane nach. »Sei bloß still.«
»Ey! Zurück! Sonst schieß ich.« Der andere Soldat kam auf die Beine und fuchtelte mit seiner Pistole herum.
»Was ist da hinten los?« Die Stimme des Generalmajors drang zu ihnen.
Ohne ihn aus den Augen zu lassen, ließ Aurora ihr Knie sinken und setzte sich.
»Alles in Ordnung!« Der Soldat mit dem Gewehr zielte auf Aurora. »Oder?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Was machen wir jetzt?« Timber ignorierte den Mann. »Pandemonium soll schwer bewacht sein.«
»Uns wird schon was einfallen.« Sie sagte es, um ihrer Schwester einen Gefallen zu tun. Ohne weitere Worte lehnte sie sich zurück und versuchte, eine halbwegs bequeme Haltung zu finden. Die Gedanken an ihre Kameraden verdrängte sie, zwang sich, an nichts zu denken.
Der eine Soldat reckte sich und gähnte. »Hast du gehört, dass letzte Woche ein Regierungsgebäude in der nördlichen Provinz überfallen wurde?«
Der andere schüttelte den Kopf. »Rebellen?«
»Sie vermuten, eine Outlaw-Gruppe. Wohl unter der Leitung von Alanus.«
Sie horchte auf, ließ sich jedoch nichts anmerken.
»Alanus? Du meinst Edmund Alanus?«
»Kennst du noch ´n anderen?«
Bevor der Soldat etwas erwidern konnte, erklang die Stimme des Generalmajors. »Ruhe dahinten. Es befinden sich immer noch Feinde unter uns.«
Sie schnaubte. Doch in ihrem Kopf ratterte es. Edmund. Sie hatte ewig nichts mehr von ihm gehört. Was würde er in ihrer Situation machen? Vermutlich würde er lachen und sich dann freikämpfen. Und vor allem: Er würde niemals aufgeben.
Ihre Finger verkrampften. Er hatte ihnen beigebracht, niemals aufzugeben. Egal, wie schlimm ihre Gesamtlage auch war, sie durfte sich nicht unterkriegen lassen.
Mit neu entfachter Wut schwor sie sich: Sie würde ihre Schwester aus dem Gefängnis bringen, egal, was es kostete.